Christliche Migrationsgemeinden erobern die Schweiz

Nov 14, 2016

  • spi-kirchen-in-bewegung-2016Das SPI hat 370 christliche Migrationsgemeinden in der Schweiz untersucht.
  • Mehr als 100 dieser Gemeinden wurden seit der Jahrtausendwende gegründet – ein Gründungsboom.
  • Christliche Migrationsgemeinden unterstützen ihre Mitglieder in vielen Fragen des Lebens und tragen damit zur Integration in der Schweiz bei.
  • Die Evangelisierung der Schweiz gehört zum Programm zahlreicher Migrationsgemeinden und prägt ihr Selbstverständnis.

 

Neue Forschungsergebnisse!

 

Migration bringt die Kirchen in der Schweiz in Bewegung
Nigerianische und tamilische Evangelikale, italienische Katholiken, eritreische Orthodoxe und viele weitere Christinnen und Christen mit Migrationshintergrund leben in der Schweiz. Sie treffen sich in über 600 christlichen Migrationsgemeinden, leben und beten dort nach ihrer Tradition und teilen ihre Alltagserfahrungen in vertrauter Gemeinschaft. Sie bieten Heimat in der Fremde und sind wichtige Netzwerke von und für Migrantinnen und Migranten.

Unter der Lupe: 370 christliche Migrationsgemeinden in der Schweiz
Eine aktuelle Studie des Schweizerischen Pastoralsoziologischen Instituts (SPI) in St. Gallen gibt Einblicke in 370 christliche Migrationsgemeinden verschiedener Konfessionen. Die Studie gibt Auskunft über die Mitglieder, die Strukturen, die Geschichte und die Sichtweisen der christlichen Migrationsgemeinden auf die Kirchen und die Gesellschaft der Schweiz.

Gründungsboom christlicher Gemeinden in der Schweiz
Einige Migrationsgemeinden, z.B. französischsprachige Hugenotten oder protestantische Waldenser aus Italien, sind schon sehr alt und haben eine lange Geschichte in der Schweiz. Für viele Migrationsgemeinden gilt aber, dass sie noch sehr jung sind. Allein seit Beginn dieses Jahrtausends wurden über 100 Gemeinden gegründet. Man kann also von einem Gründungsboom sprechen. Diese Entwicklung verläuft quer zur Tendenz der Schliessung oder Fusion von Kirchgemeinden oder Pfarreien in der Schweiz. Somit präsentieren sich christliche Migrationsgemeinden als wichtige Player, wenn es um die Zukunft des Glaubens und der Kirchen in der Schweiz geht.

Grosse Unterschiede zwischen den Migrationsgemeinden
Die Studie des SPI zeigt grosse Unterschiede zwischen den Gemeinden: Konfessionen, Sprachen, Nationalitäten usw. sind bunt gemischt. Aktuell sind evangelische Kirchen in der Mehrzahl. Allerdings haben die meisten dieser Kirchen nur wenige Gläubige. Die grössten Migrationsgemeinden sind eher katholisch und umfassen mehrere Tausend Mitglieder. Auch in organisatorischer und finanzieller Hinsicht gibt es grosse Unterschiede. Katholische Migrantinnen und Migranten profitieren von den Strukturen der katholischen Kirche. Evangelische Gemeinden funktionieren in der Regel wie Freikirchen, sind als Vereine organisiert und leben häufig von Spenden ihrer Mitglieder. Ihre Pastoren arbeiten oft unentgeltlich und in ihrer Freizeit.

Soziale Netzwerke und Rettungsinseln in der Schweiz
Gemeinsam ist allen Migrationsgemeinden, dass sie wichtige spirituelle und soziale Leistungen für ihre Mitglieder erbringen. So werden die Gemeinden zu Netzwerken und Rettungsinseln für Menschen, die in der Schweiz oft nur wenige Beziehungen und Kontakte haben. Die christlichen Migrationsgemeinden erleichtern also die Integration ihrer Mitglieder, weil sie bei der Wohnungs- und Arbeitssuche helfen, Übersetzungsdienste leisten oder bei medizinischen Fragen Unterstützung anbieten.

Kritischer Blick auf die Schweizer Kirchen
Prägnant ist die kritische Sicht vieler Migrationsgemeinden auf die Kirchen in der Schweiz. Als Vorbilder taugen die hiesigen Grosskirchen offenbar kaum. Oft erscheinen sie zu angepasst und kaum noch lebendig. Umgekehrt betonen viele katholische und evangelische Migrationsgemeinden zur Evangelisierung der Schweiz beizutragen. Dieses missionarische Selbstbewusstsein fordert die einheimischen Kirchen heraus. Somit geraten alle Kirchen in der Schweiz durch die Migration in Bewegung.

 

us_spi_kirche-in-bewegung_uncoated_001Publikation: Judith Albisser/Arnd Bünker (Hg.): Kirchen in Bewegung. Christliche Migrationsgemeinden in der Schweiz, St. Gallen, Edition SPI, 2016.

Autorinnen und Autoren: Judith Albisser, François-Xavier Amherdt, Eva Baumann-Neuhaus, Samuel M. Behloul, Arnd Bünker, Mariano Delgado, Simon Foppa, Andreas Heuser, Claudia Hoffmann, Tobias Kessler, Daniel Kosch, Salvatore Loiero, Nicola Neider, Simon Röthlisberger und Daria Serra-Rambone

Weitere Informationen:
Judith Albisser, SPI, wissenschaftliche Mitarbeiterin: judith.albisser@spi-sg.ch ; Tel: 071 228 50 90
Tit.Prof. Dr. Arnd Bünker, SPI, Institutsleiter: arnd.buenker@spi-sg.ch ; Tel: 071 228 50 90
www.spi-sg.ch

 

 

Medien berichten und kommentieren regelmässig über die Arbeit des SPI. Sehen Sie hier den Beitrag der Tagesschau zu “Kirchen in Bewegung, christliche Migrationsgemeinden in der Schweiz” vom 20.11.2016.

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